Exarchia
Mittwoch, 29. März
Jede:r, der oder die schon einmal ein Hotel oder Airbnb in einer fremdem Stadt gebucht hat, weiß wie schwierig es sein kann, Entfernungen und Coolheit der verschiedenen Stadtviertel einzuschätzen. Wenn man selbst noch nie an einem Ort war, weiß man einfach nicht, welches die tollsten Stadtviertel sind. Da wir unser Airbnb mehr nach Aussehen und Wohlfühlfaktor als nach Lage in der Stadt ausgewählt hatten, landeten wir mehr oder weniger zufällig im Stadtvierte „Exarchia“.
Bevor wir unser Airbnb dann final buchten, versuchten wir natürlich im Internet möglichst viele Info über dieses Viertel zu sammeln. In den vielen Reiseblogs über Exarchia, meistens von amerikanischen Tourist:innen verfasst, standen die unterschiedlichsten Dinge über dieses Stadtviertel. Angefangen mit Beschwerden der Autorin über Graffitis an den sehr heruntergekommenen Häusern im Viertel und dem ihrer Meinung nach daraus resultierenden Sicherheitsrisiko. Weiter mit Warnungen, besser das Viertel nicht zu betreten bis zu Erzählungen, an jeder Ecke würden Drogenabhängige liegen, die Tourist:innen damit drohen, sie mit ihren benutzen Nadeln zu stechen. Wow. So hatten wir uns unseren Monat in Athen jedenfalls nicht vorgestellt. Trotzdem erschienen uns die doch etwas hysterischen Reiseblogs übertrieben, sodass wir weiter zu diesem Viertel recherchierten.
Nach der ersten oberflächlichen Recherche stießen wir dann auf weitere Berichte und etwas neutralere Einschätzungen des Viertels „Exarchia“. An mehreren Stellen hieß es dort: ja, die Häuser sind teilweise etwas heruntergekommen und mit Graffiti besprüht – gefährlich sei das Viertel aber dadurch nicht. In der Stadt bekannt ist das Viertel vor allem als linkes Studentenviertel. Vor einigen Jahren gab es regelmäßig schwerwiegende Auseinandersetzungen und Straßenschlachten zwischen den Bewohner:innen von „Exarchia“ und der Polizei, bis die Polizei sich schließlich für einige Jahre komplett aus dem Viertel zurückzog. Dadurch ist dieser Stadtteil auch als Anarchisten-Viertel bekannt. Der in diesem Fall griechische Autor des Blogartikels machte allerdings unmissverständlich klar, dass „Exarchia“ heutzutage zwar immer noch als linkes alternatives Studentenviertel bekannt ist, die Polizei aber inzwischen wieder im Viertel präsent ist und es keinen Grund gibt, sich als Tourist:in dort unsicher zu fühlen.
Nach dem Lesen der von griechischen Autor:innen verfassten Artikel, war Christoph und mir klar, dass wir unser Airbnb dort im Viertel auf jeden Fall buchen würden. Wir stellten uns das Viertel wie ein etwas wilderes St. Pauli vor und können nach mehreren Wochen hier in Athen sagen: Für uns war es die beste Entscheidung, ein Airbnb in „Exarchia“ zu buchen! Obwohl wir zu Beginn etwas vorsichtig waren, stellten wir schnell fest, dass es hier, auch nachts, nicht weniger sicher als in Hamburg ist. Zu keinem Zeitpunkt fühlten wir uns unwohl oder unsicher. Klar, die Häuser sind hier nicht überall so gut in Schuss gehalten und mit Graffiti vollgesprüht und die Anwesenheit der Polizei zeigt, dass es in der Vergangenheit hier tatsächlich etwas wilder zugegangen ist. Wir haben unser Viertel „Exarchia“ bisher aber als super schönes, alternatives Viertel mit sehr vielen tollen, modernen Restaurants, Cafés und bunten Häusern erlebt. Dadurch, dass im Internet noch immer die abenteuerlichsten Gerüchte über „Exarchia“ kursieren, ist der Tourismus im Viertel jedoch noch nicht wirklich ausgebaut. Wir haben eigentlich immer das Gefühl, wir wären die einzigen Touristen im Viertel, was uns das Eintauchen in den griechischen Alltag in Athen leicht gemacht hat. Wir werden überall freundlich, interessiert und ein bisschen überrascht begrüßt. Häufig gibt es auch kleine Verständigungsprobleme, da Christoph und ich leider kein Griechisch sprechen und nicht alle im Viertel Englisch sprechen. Trotz der Sprachbarriere fühlen wir uns in unserem Viertel aber so wohl, dass wir am liebsten statt der geplanten vier Wochen, vier Monate hier verbringen würden!