Häuser in Grottole
Montag, 19. Juni
Grottole ist seit prähistorischen Zeiten besiedelt. Da die Via Appia durch Grottole verläuft, war das Dorf einst ein Knotenpunkt für Menschen und Wirtschaft aus dem Weg von Norden nach Süden. Heutzutage wohnen im ganzen Dorf nur noch ca. 2000 Personen. Im historischen Zentrum des Dorfes sind es heute gerade mal ca. 300 Menschen. Gleichzeitig gibt es, im historischen Dorfzentrum alleine ca. 600 Häuser, die inzwischen verlassen sind.
In den letzten sechzig Jahren verließen immer mehr Dorfbewohner:innen Grottole, um Arbeit in größeren Städten oder im Ausland zu finden. Dies führte zu einer schnellen Depopularisierung Grottoles, insbesondere des historischen Zentrums. Zurück in Grottole blieben die unbewohnten Häuser, die plötzlich nicht mehr in Stand gehalten werden und somit nach und nach verfallen. Teilweise werden die Häuser zwar verkauft, häufiger jedoch können die leer stehenden Häuser nicht verkauft werden, da nicht abschließend geklärt werden kann, welcher (weggezogenen bzw. verstorbenen) Familie das Haus überhaupt gehörte. Die Bevölkerung im Dorf wird immer weniger, wodurch nach und nach viel der Kultur vor Ort verloren geht.
Ziel des Projektes „Wonder Grottole“ ist es, eine Art nachhaltigen Tourismus aufzubauen um so das Dorf zu beleben und eine neue Gemeinschaft aufzubauen, die im Einklang mit der ansässigen Bevölkerung zusammenlebt und alle voneinander lernen. Dazu hat Projektgründer Andrea eines der leer stehenden Häuser im historischen Stadtzentrum umgebaut und renoviert. Im Haus werden nun zwei Zimmer an interessierte Tourist:innen oder an Remote Arbeitende Menschen vermietet. Das Projekt lädt alle Tourist:innen dazu ein, selbst Teil der lokalen Gemeinschaft in Grottole zu werden und versucht eine strikte Trennung von Tourist:innen und Dorfgemeinschaft zu vermeiden. Die Dorfbewohner:innen Grottoles sollen auch in das Projekt miteinbezogen werden und ihr Wissen an Besucher:innen weitergeben. Der Tourismus in Grottole soll zudem die Menschen vor Ort unterstützen. Im Projekt „Wonder Grottole“ hat man daher als Besucher:in die Möglichkeit, zusätzlich zur Zimmermiete, einzelne Nachmittagsaktivitäten, veranstaltet von Dorfbewohner:innen, zu buchen. Mit diesen sogenannten „Experiences“ erlangt man als Besucher:in einen ganz besonderen Einblick in den Dorfalltag. Angeboten wird zum Beispiel die Bienentour: Hier begleitet man Rocco, den Imker im Dorf, zu seinen Bienen, lernt alles über Honig und endet die Tour mit einem Honig-Tasting. Oder die Wein-Tour, in der man von Silvio lernt, wie Wein erst angebaut wird und wie aus den Trauben dann Naturwein herstellt wird. Während unserer Zeit in Grottole nahmen Christoph und ich an mehreren Experiences teil und waren jedes Mal begeistert. Für uns war es eine einzigartige Möglichkeit, die Geschichte, Kultur und die Bewohner:innen des Dorfes kennen zu lernen!
Eine unserer Lieblingsbeschäftigungen in Grottole war es außerdem, nach Feierabend einen Spaziergang durch die vielen kleinen Gassen in Grottole zu machen und die tollen Häuser – egal ob bewohnt oder verfallen – zu bewundern. Die blaue Holztür auf meiner Illustration befindet sich ganz in der Nähe unserer Unterkunft. Die teilweise sehr verfallenen Häuser haben ihren ganz eigenen Charme und trotz abfallendem Putz sieht man immer noch, wie schön und besonders diese Häuser zu ihren besten Zeiten einmal waren.
Wenn man durch das Dorf läuft, kann man sich jedoch auch vorstellen, wie schlimm und schade es für die Dorfbewohner:innen sein muss, zu sehen, wie ihre Heimat nach und nach verlassen wird. Christoph und ich sind daher große Fans des Projektes „Wonder Grottole“ und können bestätigen, dass es eine einmalige Erfahrung ist, in Grottole zu leben und die Dorfbewohner:innen kennen zu lernen.